1909–1927: Ein liberales Elternhaus in Zürich

1909 wird Paul Theodor Pinkus am 21. August in Zürich geboren. Die Eltern, Felix Lazar Pinkus (18811947) und Else Flatau (1881 bis 1967) stammen aus vermögenden jüdischen Familien in Breslau. Antisemitische Anfeindungen veranlassen Felix Pinkus, das in Breslau begonnene Studium in Bern fortzusetzen. Er doktoriert in National­ökonomie mit einer Dissertation zur jüdischen Wirtschaftsgeschichte. Else Flatau wird gegen den Willen ihrer Eltern Schau­spielerin in Berlin. Die Familien sind befreundet, und das junge Paar kommt sich erstmals um 1900 im Tanzkurs näher und begegnet sich wieder 1907 bei einem gemeinsamen Theater-Engagement. 1908 heiraten sie und lassen sich in Zürich nieder. Felix Pinkus wird Schweizer Bürger. Am 26. Februar 1916 kommt die Tochter Miriam zur Welt.

Den Lebensunterhalt verdient Felix Pinkus als Journalist und Lehrer am Privatgymnasium Minerva, seine Frau trägt mit Honoraren für ver­öffentlichte Gedichte und Feuilletons sowie Radio- und Literatur­vorträgen zum Lebensunterhalt bei. Sie vermittelt den Kindern eine breite humanistische und literarische Bildung und verkehrt in pazifistischen und feministischen Kreisen. Die Kinder hören mit den Eltern regelmässig Konzerte in der Tonhalle und besuchen das Kunstmuseum.

1920–22 übernimmt Felix Pinkus die Liquidation der Zürcher Depo­sitenbank und gründet 1922 ein eigenes Finanzinstitut. 1924 lassen Else und Felix Pinkus-Flatau am Zürichberg die Villa „Kristall“ an der Susenbergstrasse 110 bauen. Sie pflegen einen aufwändigen Le­bensstil und verkehren vorwiegend in Künstlerkreisen. Felix Pinkus bewundert die Russische Revolution und ist ein guter Kenner der marxistischen Literatur. Daneben ist er begeisterter Bergwanderer und Freizeit-Maler.

Die jüdische Religion ist im Elternhaus von Theo Pinkus durch das Einhalten hoher Feiertage präsent. Ansonsten werden die Kinder nicht religiös erzogen, stehen aber zeitlebens zu ihrer jüdischen Herkunft.

Die Eltern Else und Felix L. Pinkus-Flatau mit Theo und Miriam vor einem Bild von Theodor Herzl, ca. 1917
Die Eltern Else und Felix L. Pinkus-Flatau mit Theo und Miriam vor einem Bild von Theodor Herzl, ca. 1917

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  1.  Die Eltern als Brautpaar, ca. 1907.
  2. Auch in Zürich verkehren Else und Felix Pinkus gern in Künstler­kreisen: Am Tonhalle-Maskenball, verkleidet als Sowjetstern und Grosskapitalist, ca. 1923.
  3.  Else Flatau als Rezitatorin.
  4.  Die Geschwister Theo und Miriam Pinkus, 1927.
  5.  Theo, zweiter von rechts unten, mit Zionismusfahne, im Alter von etwa sechs Jahren an einem Treffen der zionistischen Jugend.
  6.  Else Pinkus-Flatau mit Theo und Miriam, bei den Grosseltern Flatau in Breslau, ca. 1919.
  7.  Bücher bestimmen das Leben der Familie Pinkus-Flatau. Schwester Miriam an ihrem 5. Geburtstag. Links ein Buchstaben-Setzkasten.
  8.  Felix Lazar Pinkus, Palästina und Syrien. Untersuchungen zur Wirt­schaftspolitik. Dissertation. Verlag der Zionistischen Monatshefte, Genf, 1903.
  9.  Felix Lazar Pinkus, Vor der Gründung des Judenstaates. Institut Orell Füssli, Zürich, 1918.
  10.  Eintrag von Theo Pinkus am 25. August 1921. Im Tagebuch eingelegt ein gesticktes Buchzeichen mit siebenarmigem Leuchter, zum Jahr 5676.
  11.  Bruno Schönlank, Grossstadt. Chorwerk. E. Laub’sche Verlagsbuch­handlung, Berlin 1923.
  12. Tanzbüchlein von Else Flatau, „Zur Erinnerung an das Baer’sche Nachtkränzchen am 4. März 1900 in den Silésius-Sälen in Breslau.
    An solchen  Tanzabenden kamen sich Else Flatau und Felix Lazar Pinkus näher.
  13.  Programm eines Rezitationsabends mit Else Flatau, Saal zur Kauf­leuten in Zürich, 1. März 1920.
  14.  Legitimationskarte von Theo Pinkus als Schüler am Institut Minerva. 1921–1927 besuchte Theo das Privatgymnasium mit mässigem schulischem     Erfolg.
  15.  Theodor Herzl, Philosophische Erzählungen. Harz Verlag, Berlin-Wien 1919.Mit diesem Stempel, einem „T“ im fünfzackigen Stern, kennzeichnet Theo seine persönlichen Bücher zum Teil bis in die 50er Jahre. In der Ausstellung erscheint der Stempel als gestalterisches Element auf dem Fotoporträt von Theo Pinkus auf der Fahne über der Treppe.

 

1924–1927: Politisierung im Zeichen des Freibundes

Theo Pinkus besucht ab 1921 das Gymnasium der Privatschule Minerva in Zürich. Seine Freizeit verbringt er mit der Lektüre von Klassikern wie Swift, Rousseau, Spitteler, Pestalozzi, Tolstoi, Dosto­jewski, mit politischen Schriften von Fritz Brupbacher, Karl Marx, Friedrich Engels, Rosa Luxemburg.

Die Mutter begleitet den Vater oft auf wochenlangen Geschäftsreisen nach Konstantinopel und in die europäischen Hauptstädte. Nach dem Bankrott des Vaters 1927 bleiben die Eltern während Monaten weg; die Kinder sind zusammen mit der Hausangestellten sich selbst überlassen. Der Haushalt der Villa „Kristall“ wird liquidiert, das Haus gepfändet. Miriam schickt man 1927 zu den Grosseltern nach Breslau, wo sie bis 1931 bleibt.

1926–27 engagiert sich Theo im „Freibund“, einer Schwei­zerischen Mittelschülervereinigung. Die Jugendlichen wandern, singen und diskutieren zusammen. Am Zugersee im Ferienlager des Genossen­schaftsheimes Böschenroth der Proletarischen Jugend lernt er zum ersten Mal Kommunisten kennen und begeistert sich für die Idee einer „Geistesarbeiter-Internationale“.

Theos Schulleistungen lassen nach, die Matura will er nicht mehr machen. Mit Gleichgesinnten zieht er zur öffentlichen Nutzung seiner umfangreichen Bibliothek einen „Literarischen Club“ auf. Früh meldet er den Berufswunsch an, Buchhändler und Verleger zu werden.

Theo erlebt den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Vaters als Befreiung. 1927 verlässt er Zürich, um in Berlin eine Verlagslehre bei Rowohlt zu beginnen.

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  1. Aufsatz von Theo während seiner Gymnasialzeit:
    -Über den Socialismus
  2. Andreas Petersen, Radikale Jugend. Die sozialistische Jugend­bewegung in der Schweiz 1900–1930. Radikalisierungsanalyse und Generationentheorie. Chronos Verlag, Zürich 2001.
    ZB GU 3946„Der Freibund“ entstand als sozialistisch-kommunistisch ausge­richteter Ableger der Mittelschulbewegung. Führend ist der spätere Thurgauer SP-Nationalrat Ruedi Schümperli, der religiös-soziales Gedankengut vertritt. Die „Freibündler“ verpflichten sich zu Absti­nenz von Tabak- und Alkoholgenuss, zu Ehrlichkeit und Offenheit in den persönlichen Beziehungen. Sie verlangen offene Diskussionen über Liebe und Sexualität, üben Kritik am bürgerlichen Lebensstil und proklamieren die Ablösung der Geldwirtschaft durch Freigeld. Prägend ist das Gedankengut des Zürcher Sozialisten Fritz Brupbacher.
  3. Theo als 18-Jähriger, vor der Lehrzeit in Berlin, 1927.
    Sammlung Studienbibliothek
  4. Karl Marx, Zur Kritik der Politischen Ökonomie. Verlag Franz Duncker, Berlin 1859. Erstausgabe.
    Sammlung Studienbibliothek
  5.  Aufsatz von Theo während seiner Gymnasialzeit:
    -Mein zukünftiger Beruf, 2. Juni 1926
  6. Verlustschein infolge Konkurs, 14. Mai 1932. Der Vater wird in Abwesenheit zu drei Monaten Gefängnis verurteilt, 1929 in Wien verhaftet und an die Zürcher Behörden ausgeliefert. Nach Absitzen der Haft verlässt er Zürich mit Ziel Berlin.
  7. Theo Pinkus mit Hund Prinz vor der Villa „Kristall“, 1924.
    Sammlung Studienbibliothek
  8. Arbeiterferienheim Böschenroth der Genossenschaft Proletarische Jugend am Zugersee, 16. April 1927. Grüsse an die Eltern, p. Adresse Hotel Pera Palace,   Konstantinopel, via Milano-Türkei: „Liebe Eltern, vom Ferienlager die allerherzlichsten Grüsse. Es ist sehr bedeutsam für mich …“
    Sammlung Studienbibliothek
  9. Freibündler an einem ihrer Treffen im Jahre 1925. Unten sitzend Theo Pinkus.
    Sammlung Studienbibliothek
  10. Fritz Brupbacher (Hrsg.), Junge Schweiz. Nr. 1. Kommissionsverlag von E. Speidel, Zürich 1899. Unter anderem mit einem Beitrag „zur Organisation der Intellektuellen“.
    Sammlung Studienbibliothek
  11. Fritz Brupbacher, Marx und Bakunin. Ein Beitrag zur Geschichte der Internationalen Arbeiterassoziation. Birk & Co. m.b.H., München, 1913. Erstausgabe mit Widmung   des Verfassers.
    Sammlung Studienbibliothek
  12. Postkartengruss von Theo an den Vater Dr. F. Pinkus, Hotel Pera Palace, Konstantinopel „via Milano-Türkei“, 16. April 1927.

 

1927–1929: Berufliche und politische Lehrjahre in Berlin

Am 23. September 1927 singen Freibund-Freunde Theo Pinkus am Hauptbahnhof Zürich zum Abschied die „Internationale“, am nächsten Morgen steigt er samt Fahrrad am Anhalter Bahnhof in Berlin aus.

Ein Empfehlungsschreiben von väterlichen Freunden führt ihn bei Ernst Rowohlt ein, bei dem er am 1. Oktober eine Verlagslehre an- tritt. Die Lehre dauert zwei Jahre. Er erinnert sich später vor allem an Boten- und Lagerarbeit, mit namhaften Autoren des bürgerlichen Ver­lags wie Emil Ludwig und Walter Benjamin kam er hingegen selten in Kontakt.

Schon in den ersten Tagen seines Berlin-Aufenthalts wird er Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes KJVD. Innert Kürze über­nimmt er Funktionen als Propagandist der Kommunistischen Jugend und wird dafür in seinem Wohnbezirk Schöneberg Obmann. Er widmet seine Abende Schulungskursen, politischen Diskussionen, der Vor- und Nachbereitung von Kundgebungen.

Theo Pinkus erlebt Berlin als anregende Kultur- und Politik-Metro­pole mit einer sich selbstbewusst gebenden Arbeiterbewegung. Doch die immer unverblümter auftretende Nationalsozialistische Partei, die offenen Strassenkämpfe zwischen der SA und den Kommunisten und Sozialisten vergiften die Atmosphäre der Stadt. Die Wirtschaftskrise von 1929 und die Massenarbeitslosigkeit stürzen Arbeiter und Ange­hörige des Mittelstandes ins Elend.

In seinem Wohnbezirk Schöneberg wohnen die meisten der über siebzig Mitglieder des „Kommunistischen Jugendverbandes“. Pinkus hält engen Kontakt zu Lehrlingen, Arbeitern und den vielen Arbeits­losen unter ihnen. In Hinterhoflokalen und ab und zu nach Feierabend im Rowohlt Verlag vervielfältigt er mit Hilfe einzelner Junggenossen mit einfachsten Mitteln Flugblätter und Zeitschriften in Auflagen bis zu tausend Exemplaren, die darauf von Arbeitslosen auf der Strasse verkauft werden.

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Berlin-Schöneberg, Potsdamer Brücke und Strasse, 1927. Im Haus rechts befand sich der Rowohlt Verlag.
Sammlung Studienbibliothek

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  1.  Lehrabschluss-Zeugnis von Theo, unterzeichnet von Ernst Rowohlt.
  2. Heft „Historischer Materialismus. Theodor Pinkus. Sept 1928 / I
    dazu Repro oder Original einer DoppelseiteTheo Pinkus eignet sich im Schulungskurs des angesehenen kommu­nistischen Philosophen August Thalheimer dialektisches Denken und Argumentieren an. Katechismusartig notiert er „Schulungsfragen“ wie: Was bedeutet der Widerspruch zwischen Proletariat und Bourgeoisie?“Antwort: „Der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und kapitalistischer Aneignung.“
    und an anderer Stelle:„Der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und kapita­listischer Aneignungsweise reproduziert sich als Gegensatz zwischen der Organisation der Produktion in der einzelnen Fabrik und der Anarchie der Produktion in der Gesellschaft (ganz dialektisch. Polarität von Organisation und Anarchie…) Weitere Quellen: Lenin, Bucharin. August Thalheimer (1884–1948), jüdischer Kaufmannssohn, Sprach­wissenschaftler. 1904 wird er Mitglied der SPD und gehört dem links­radikalen Flügel. Er schliesst Freundschaft mit Walter Mehring, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Nach Kriegs­ausbruch ist er in der kriegsgegnerischen Gruppe Spartakus aktiv und als Mitbegründer der KPD bis 1923 in der Parteiführung, dann als „Rechter“ nach Moskau verbannt. Er arbeitet am Marx-Engels-Institut Moskau, lehrt in Moskau Philosophie, kehrt 1928 gegen den Willen der Komintern nach Deutschland zurück, um die „rechten“ Kommu­nisten in der KP-Opposition zu sammeln. 1933 Emigration nach Frankreich, 1941 nach Kuba. Nach Kriegsende verweigern ihm die Alliierten die Einreise nach Westdeutschland. Rückkehr nach Kuba, Tod 1948 in Havanna.
  3. Marxistische Arbeiterschule: Der Marxist.
    Nr. 1/Sommer 1931, Nr. 1/Januar 1932, Nr. 2 Februar 1932.
  4. Postkartengruss vom 28. April 1928 mit den Fotos seiner besten Freunde aus der „Freibund“-Zeit: Albert Kramer und Wille Bärtschi schreiben aus Italien an den „Stift“ Theodor Pinkus in Berlin-Schöneberg
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  5. Theo Pinkus 1927
    Sammlung Studienbibliothek
  6. Lieschen Wenzel, 1927. Das von Theo umworbene Arbeitermädchen aus Berlin wandte sich zwar einem anderen zu, blieb aber Freundin und besuchte in den 30er Jahren Theo und Amalie zweimal in Zürich
    Sammlung Studienbibliothek
  7. In Berlin versucht sich Theo auch in ersten Schritten des Liebeslebens. Er sammelt dazu einschlägige Literatur, hier eine Einzelnummer der Zeitschrift „UHU“: Illustrierte Geschichten von Maxim Gorki, mit dem „T“-Stempel, mit dem Pinkus seine Bücher kennzeichnet.
  8. Der Parteiarbeiter, November 1928, Dezmeber 1928, Januar 1929
  9. Ernst Toller, Verbrüderung, Arbeiterjugend-Verlag, Berlin 1930
    Sammlung Studienbibliothek
  10. Jugendblätter des Zentralverbandes der Angestellten. Sept. 1931.

 

1929–1933: Funktionär im Dienste der kommunistischen Presse und der Gewerkschaft

Die heftigen Auseinandersetzungen zwischen der Kommunistischen Partei Deutschlands KPD und der Sozialdemokratischen Partei SPD schwächen die Linke zusehends. Die Kommunistische Internationale (Komintern) hat die Parole herausgegeben, dass Sozialdemokraten als „Sozialfaschisten“ zu bekämpfen seien. Die Kommunistische Partei ihrerseits wird durch Richtungskämpfe geschwächt.

Pinkus bekennt sich zur moskautreuen „Generallinie“, pflegt aber jetzt wie auch später in der Schweiz Freundschaften mit Genossen neben der Parteilinie. Entgegen der offiziellen Doktrin der Partei bleibt er Mitglied der Buchhandelsgruppe in der sozialdemokratisch dominier­ten Angestellten-Gewerkschaft. Er arbeitet gleichzeitig sowohl an der sozialdemokratischen Angestelltenzeitung als auch an einer inner­gewerkschaftlichen (kommunistischen) Oppositions-Zeitschrift mit. Im Januar 1933 wird er als Kommunist aus der Angestellten-Gewerk­schaft ausgeschlossen.

Willi Münzenberg, begabter kommunistischer Agitator und Verleger, wird auf Theo Pinkus aufmerksam, als dieser für den Kommunisti­schen Jugendverband die Werbekampagne für ein Weltkindertreffen in Berlin durchführt. Münzenberg holt Pinkus nach Abschluss seiner Verlagslehre 1929 in den Neuen Deutschen Verlag NDV und da in die Werbeabteilung der Arbeiter Illustrierten Zeitung AIZ. Bis zu seiner erzwungenen Rückreise in die Schweiz im April 1933 betreut er dort unter anderem die Zeitung für die Kolporteure der AIZ.

Seit 1931 wohnen auch die Eltern und Schwester Miriam in Berlin. Der Vater – inzwischen ebenfalls der Partei beigetreten – arbeitet als Wirtschaftsexperte in der Handelsvertretung der Sowjetunion.

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Der vom Kommunisten, Verleger und Filmproduzenten Willi Mün­zenberg (1889–1940) organisierte
8. Weltkongress der „Internatio­nalen Arbeiter-Hilfe“ im Berliner Sportpalast, 9.–16. Oktober 1931.
© Foto-Archiv Diethart Kerbs, Berlin

1932/1933: Zunehmende Repression, Ende der Berliner Jahre

Für Theo Pinkus geht mit der Anstellung im Verlag der Internatio­nalen Arbeiterhilfe IAH ein Traum in Erfüllung, hat er doch während seiner Freibund-Zeit in Zürich vom legendären Münzenberg gehört. Im Verlag der Arbeiter Illustrierten Zeitung AIZ ist er in der Werbeabteilung mit dem Vertrieb dieser und anderer Zeitschriften betraut. Er betreut die sogenannten „Kolporteure“, meist Arbeitslose, die jede Woche eine Zahl AIZ beziehen und im Strassenverkauf und in Lokalen absetzen.

Aus dieser Zeit datiert auch seine lebenslange Freundschaft mit dem Künstler und Graphiker John Heartfield, der mit seinen avantgardi­stischen Titelbild-Collagen wesentlich zum Erfolg der AIZ beiträgt. Heartfield begründet zusammen mit den „Arbeiter-Fotografen“ den modernen Bildjournalismus, der mit politischen und sozialen Bildreportagen die illustrierte Presse der Zwanziger Jahre revolutioniert.

Der Neue Deutsche Verlag mit seiner Buch- und Zeitungsredaktion gerät ins Visier der sozialdemokratisch dominierten Berliner Polizei. Aufrufe der kommunistischen Gewerkschafts-Oppo­sition zu Proteststreiks verhallen ohne Wirkung. Als Hitler am 31. Januar 1933 zum Reichskanzler ausgerufen wird, überstürzen sich die Ereignisse. Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 werden kommunistische und sozialistische Reichs­tagsabgeordnete verhaftet. Der Neue Deutsche Verlag löst sich auf. Willi Münzenberg setzt sich nach Paris ab. In der Wohnung der Familie Pinkus wird eine Hausdurchsuchung durchgeführt und der Pass von Theo Pinkus beschlagnahmt. Auf Rat von Legationsrat Froelicher auf der Schweizer Botschaft reist Theo Anfang April unverzüglich ab. Der Mutter gelingt es noch, Theos 1’800 Bücher nach Zürich spedieren zu lassen. Wenige Wochen später werden Felix Lazar Pinkus mit seiner Ehefrau und der Tochter Miriam als unerwünschte Ausländer ausgewiesen. Sie lassen sich in Genf nieder.

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Hausdurchsuchung am 31 August 1931 beim Neuen Deutschen Verlag und der
Internationalen Arbeiterhilfe. Verhaftete werden mit dem Ueberfallauto abtransportiert, ertser
von rechts auf der hintersten Bank ist Theo Pinkus
Sammlung Studienbibliothek

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Raritäten aus der Studienbibliothek zur Geschichte der Arbeiter­bewegung:

  1.  Bundeszeitung. Gewerkschaftliche Monatsschrift für Funktionäre und Betriebsvertretungen der Angestellten. 14. Jahrgang, Juli 1932, Freier Volksverlag GmbH, Berlin.
  2. Der freie Angestellte. Zeitschrift des Zentralverbandes der An­gestellten. 35. Jahrgang, Berlin.
  3. Kurt Tucholsky. Deutschland, Deutschland über alles. Ein Bilderbuch von K.T. und vielen Fotografien. Montiert von John Heartfield.
    Neuer Deutscher Verlag, Berlin, 1929.
  4. Der Handlungsgehilfe und Büroangestellte mit Ratschlägen für die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Anmeldeformular für den Eintritt in die Gewerkschaft bzw. Anerkennung der Statuten.
  5. Friedrich Wolf. Die Matrosen von Cattaro. Internationaler Arbeiter­verlag, Berlin-Wien-Zürich 1931.
  6. Der Propagandist. Monatsschrift für die Propaganda des Marxismus-Leninismus. Hrsg von der kommunistischen Partei, Jahrgang 3, Sptember 1932 Heft 10, KPD, Berlin. Mit handschriftlichem Vermerk von Felix L. Pinkus: “ Theorie & Praxis“..Glauben“. Nachlass F.L. Pinkus
  7. Diethart Kerbs und Walter Uka. Willi Münzenberg. Zeitgenossen 1. Edition Echolot, Berlin 1982
    Sammlung Studienbibliothek

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  1. Berliner Illustrierte 1. September 1932, über die Hausdurchsuchungen und Verhaftungen in den Räumen NDV.
  2. Werbequartett AIZ, Sammlung Studienbiblithek
  3. Willi Münzenberg, Solidarität. Zehn Jahre Internationale Arbeiterhilfe 1921-1931. Neuer Deutscher Verlag, Berlin 1931
    ZB SGA 6158 RAR
  4. Willi Münzenberg, Die Dritte Front. Neuer Deutscher Verlag , Berlin 1931.
    ZB SGA 8520
  5. Polizeiliche Abmeldung von Theodor Pinkus durch seinen Vater vom 12 April 1933
  6. Tagebuchseite aus dem „Buch der Berge“
    Im Februar 1933 weilt Pinkus zur Erholung in einem Sanatorium im Riesengebirge. Er  wird dort als Jude hinaus geworfen und wohnt darauf bei Freunden. Auf die Nachricht vom Reichstagsbrand hin eilt er nach Berlin zurück, wo die Redaktion der AIZ und der Neue Deutsche Verlag bereits aufgelöst und die exponiertesten Mitarbeiter ins Ausland geflohen sind. Auch er muss Berlin überstürzt verlassen. (Original: siehe Vitrine zum Thema Naturfreunde)
  7. Tagebuchseite

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  1. 1.-Mai-Nummer 1930 (9. Jahrgang, Nr.17. Neuer Deutscher Verlag, Berlin)
    Sammlung Studienbiblothek
  2. Sondernummer der Angestellten vom 3. Juli 1932 ( 11. Jahrgang, Nr. 27. Neuer Deutscher Verlag, Berlin)
    Sammlung Studienbibliothek
  3. Exilausgabe Prag, 8. April 1933 (12. Jahrgang, Nr. 15)
    Sammlung studienbibliothek
  4. Der AIZ Kolporteur
    Informationsblatt für alle AIZ-Verkäufer und Kolporteure. Beilage zur AIZ Nr. 32, Berlin, 30.7.1929 (Fotokopie,
    Sammlung Studienbibliothek)
  5. Illustration lesender Arbeiter, lesendes Mädchen.

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„Es ist die schlichte Wahrheit, dass meine Lenin-Bände mich nicht mehr gekostet haben als andere ihre Zigaretten. So ist meine Bibliothek auch immer gewachsen… Aus den 300 Büchern, die       ich in einer Kiste aus Zürich mitgenommen hatte, sind im Lauf der Berliner Jahre 1’800 geworden.
Aus Rudolf M. Lüscher und Werner Schweizer, Amalie und Theo Pinkus-De Sassi Leben im Widerspruch. Limmat Verlag, Zürich 1994.

  1.  W.I. Lenin, Sämtliche Werke. 1927–1941, Bände 3–26
    ZB SGA 7103: 3-26
  2. Handschriftliche Karteikarten von Else Pinkus-Flatau:
    -Lenin, W.J., in Berlin erworbene Gesamtausgabe (handschriftlich E.P.-F.)
    -Marx, Karl; Engels Friedrich.Die von der Mutter angefertigten Karteikarten sind auf der Vorder- wie Rückseite beschriftet. Diese Gewohnheit hat Theo Pinkus in seiner sprichwörtlichen Sparsamkeit später beibehalten, zur Ver­zweiflung der Betreuer/innen seiner Studienbibliothek. Zudem hat er jeweils mit Maschinenschrift am Kopf der Karteikarte sowohl Schlagworte wie auch spätere Werkausgaben angebracht, hier zu einer Lenin-Werkausgabe 1955/66.
  3. Eduard Fuchs, Illustrierte Sittengeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Albert Langer Verlag für Literatur und Kunst, München 1909–1928, 5 von 6 Bänden.
    Eduard Fuchs (1870–1940)
    Die sechs Bände der „Sittengeschichte“ in der Bibliothek des Vaters dienten dem jugendlichen Theo und seinen Freunden aus dem Frei­bund als Anschau­ungsunterricht bei ihren Diskussionen über Sexualität. Als Preziosen begleiteten sie die Familie nach Berlin und wieder zurück nach Zürich, diesmal in die Biblio­thek von Theo. Im Lauf seiner Jahre als Buchhändler erweiterte er sie durch eine ansehnliche Sammlung erotischer Kunst und politischer Karikatur. Fuchs war Gründungsmitglied er KPD, überwarf sich aber mit der Partei Ende der 20er Jahre, als diese auf Weisung der Komintern eine Reihe von „Rechtsabweichlern“ aus der Partei ausschloss, unter ihnen auch Theos Lehrer in dia­lektischem Materialismus, August Thalheimer. Fuchs emigrierte 1933 nach Paris. Seine bedeutende Kunstsammlung wurde von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und versteigert. Die von Pinkus aufbewahrte Erstausgabe ist eine Rarität!
  4.  Brief von Selma Bührer an die Stadtpolizei Zürich, 4. Dezember 1940
    Selma Bührer protestiert gegen die Beschlagnahmung von nicht ver­botener Literatur, u.a. einer Lenin-Gesamtausgabe und bittet um Rückgabe oder um Entschädigung von 340 Franken für die rund 100 Bücher. Sie rühmt Theo Pinkus als besonders begabten Verkäufer. Ihr Protest nützt: Schon am nächsten Tag trägt ein Polizist die Kiste mit den Lenin-Büchern auf dem Rücken zurück in den Laden.
    Lüscher/Schweizer, S. 235. ZB SGA 10965

 

1933–1938: RUNA-Redaktor in Zürich
1938–1940: Arbeitslosigkeit

Im Frühling 1933 ist Theo Pinkus mit seinem Fahrrad zurück in Zürich. Er wohnt möbliert bei einer alten Bekannten der Eltern. Theo tritt sofort in die KPS ein. Seine spätere Frau Amalie erinnert sich an erste Begegnungen 1934: „Er hatte ja nichts als sein Velo. Und ich hab mir gedacht: das ist auch ein so armer Teufel wie ich.“

Bei der Familie Kirschbaum an der Zurlindenstrasse finden politische Emigranten aus Deutschland Kost und Logis. Hier trifft Pinkus Heinrich Kurella, den illegal in der Schweiz weilenden Freund aus Berlin. Kurella ist verantwortlich für die 1933 aus Berlin nach Zürich geflüchtete Presse-Agentur RUNA der Komintern. Kurella stellt Theo Pinkus als Redakteur ein, und er kommt nun in einer Zeit grösster Arbeitslosigkeit zu einem festen Einkommen. Gleichzeitig gerät er mit dieser Arbeit ins Visier des Bundesnachrichtendienstes, der ihn fortan bis in die frühen 80er Jahre regelmässig observiert.

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Presseausweis „Société des Nations“1933–1939, lautend auf Theodor Pinkus.

Auch in Zürich engagiert sich Pinkus sowohl in der den Sozial­demokraten nahestehenden Angestellten-Gewerkschaft wie auch in der kommunistischen Revolutionären Gewerkschafts-Opposition. Er ist aktiv in der populären Volkstourismus-Organisation Naturfreunde und ruft die Organisation Kultur und Volk ins Leben. Seine viel­fältigen Aktivitäten und seine Freundschaften auch ausserhalb der Partei missfallen der Schweizer Parteileitung, die regelmässig nach Moskau rapportiert. 1938 verliert Pinkus seine RUNA-Stelle. Die Gründe dafür hat er nie erfahren.

Nach seiner Entlassung schlägt sich Pinkus mit Gelegenheitsarbeiten durch. Ein halbes Jahr arbeitet er bei der Schweizerischen Landes­ausstellung als Programm-Redaktor der Landi-Zeitung und an der Redaktion des neuen Schweizer Lexikons mit. Der weiterhin passio­nierte Büchersammler initiiert als Hilfsdienst-Soldat die Aktion Soldaten-Abig, indem er mit grossem Erfolg Bücher für Soldaten­stuben sammelt. Die Aktion wird als politische Agitation verdächtigt und abgeblasen.

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  1.  Die RUNA hält ein über ganz Europa gespanntes Netz von Korrespondenten aufrecht, die vor allem über die Aktivitäten der kommunistischen Parteien berichten. Die Redaktion sichtet die tele­grafierten Korrespondenten-Berichte und schickt täglich eine Auswahl in Deutsch, Französisch und Englisch an ihre Abonnenten, alle wichtigen kommunistischen Tages- und Wochenzeitungen in der Schweiz und im Ausland.
  2.  Presseausweis Société de Nations 1933-1939, lautend auf Theodor Pinkus
  3. Zur Angestelltenbewegung und Revolutionären Gewerkschafts-Organisation (RGO)
    – Kämpfer vom 13. Juli 1933 (Unionsdruckerei, Zürich. 13. Jahrgang Nr. 161
    – Der rote Gewerkschafter vom 11. April 1934 (Basel, Jahrgang Nr. 8
    – Flugblatt „Angestellte! Mit der Arbeiterschaft zum Tag der Arbeit“ (1. Mai 1934), unterzeichnet: „Angestelltenkommission der Bezirksleitung der Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO)“
  4.  Statuten für die Rundschau Nachrichten Agentur (RUNAG), 1933
  5.  Schweizer Kommunisten sind nach aussen verantwortlich für die Rundschau-Nachrichten-Agentur (RUNA). Präsident der im Handels­register eingetragenen Genossenschaft ist Jules Humbert-Droz.
  6.  Bestätigung Anstellung in der Programmredaktion der Ausstellungs­zeitung durch Dr. Hans Rudolf Schmid, Chef, Presseabteilung der Schweizerischen Landesausstellung 1939.
  7.  Aktion Soldate-n-Abig, 29. November 1939 bis 10. Februar 1940.
    Bestätigung der halbehrenamtlichen Arbeit als Presse-Ange­stellter/Buchhandelsangestellter Zürich, Entschädigung total Fr. 350
  8.  Theo Pinkus als Hilfsdienst-Soldat, äusserste Person links.
    Aktion Soldate-n-Abig, 29. November 1939 bis 10. Februar 1940.  Kommentar auf der Rückseite: „Ach wie wird mir! Ausgerechnet Soldat!“
    Sammlung Studienbibliothek
  9.  Fiche 00019, 14.2.40Hauptmann XY(?) bezichtigt Pinkus des Missbrauchs der Institution Volksbibliothek und schreibt u.a.:
    „Ich mache Sie auf den gegenwärtig beim Ter.Kdo. Zürich hängigen ‚Fall Pinkus‘ aufmerksam … Pinkus, ein (natürlich!) in Zürich einge­bürgerter Jude, ist Mitglied der Kommunistischen Partei, ein mit allen Laugenwässern abgebrühter dreckiger Geschäftemacher. Derzeit spielt sich der Mann als grosser Patriot und Gönner unserer Wehrmänner auf, wobei so vertrauensselige Leute wie Oberst I.Gst.Feldmann, die Leitung Pro Juventute u.a. dergleiche Institutionen richtig herein­gefallen sind … Leider hat sich Pinkus mit der dem Juden und ihnen besonders eigenen Aufsässigkeit bei vielen absolut integeren Leuten Liebkind zu machen verstanden …“

 

1940–1948: Bücher sammeln als Beruf – Der Büchersuchdienst

Theodor Pinkus: Mein zukünftiger Beruf
Deutsch-Aufsatz des 17-Jährigen vom 2. Juni 1926

„Beruf! Furchtbar – Stunde für Stunde, Tag für Tag im Büro, immer das gleiche Hasten nach Geld, Konkurrenz, die zum Streit wird, Kampf ums Brot. Alles dies liegt in diesem Wort, in diesem Begriff, der die höchsten Geister in Ketten schlägt und Dumme noch dümmer werden lässt. Beruf, das sind nicht nur helle Büros, nicht nur Schreib­maschinen, nein: Schwarze Fabriken, dunkles Licht.“

„In meiner jetzigen Lebensphase glaube ich, dass ein Beruf meine Forderungen erfüllen kann, und das ist der Schriftstellerberuf und mit ihm zusammen eigentlich noch mehr der Verlegerberuf… Ich will aber nicht einen Verlag im geschäftlichen Sinne gründen. Mein Verlag soll und wird (aus Finanzgründen schon) nicht mein Verlag sein. Er darf aber nicht nur ein Instrument couponschneidesüchtiger Aktionäre sein. Dieser Verlag soll keine Luxuswerke schaffen. Er soll die Bücher ins Volk bringen. Meine Bücher sollen billiger sein als Brot, denn sie sollen gekauft werden.“

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Holzschnitt von Frans Masereel. In: „Jugend“,
1948 Frans Masereel und das Buch.  Auswahl
und Einleitung
von Theodor Pinkus.
Pirckheimer Gesellschaft, Lepzig 1961

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  1.  Ausfahrt von Amalie und Theo Pinkus mit Marco 1941
    Foto © Kurt Abraham, Sammlung Studienbibliothek
    Theos Erfindungsgeist funktionierte seinen Velo-Anhänger einmal zum Kindertransport um, meistens aber diente er dem Bücher­transport.
    Amalie Pinkus-De Sassi zum Lebensgefühl in dieser Zeit: „Ich habe die Leute gern gehabt, die Genossen und Genossinnen in der Partei, fröhlich sind wir gewesen. Keine Spur von Resignation. Wir waren auch jung, wir haben auch Feste gefeiert – wir haben nicht einen Tropfen Alkohol getrunken, nicht aus Abstinenz, einfach weil wir kein Geld hatten, und wir haben gemerkt, dass wir deswegen doch lustig waren; wir haben in unserm ganzen Leben nie Trübsal ge­blasen, nie Untergangsstimmungen gehabt.“
    Rudolf M. Lüscher und Werner Schweizer, Amalie und Theo Pinkus-De Sassi Leben im Widerspruch. Limmat Verlag, Zürich 1994, S. 193.
    ZB SGA 10965
  2. Umzugsanzeige Büchersuchdienst, 1946
    Karikatur von Fritz Keller, © Sammlung Studien­bibliothek
  3.  Theo Pinkus erfindet die „Progress-Velotasche“ und meldet sie zum Patent an. Sie wird vom befreundeten Fabrikanten Friedmann in grosser Anzahl produziert und vertrieben, hat aber nur bescheidenen Erfolg.

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  1. Original-Katalog Britschgi & Pinkus. Bücher * Such * Dienst
    Auf der linken Seite sind jeweils die Käufer notiert. Neben vielen Privatpersonen und Bibliotheken haben sich aus diesem Katalog namentlich die Stadtbibliothek Biel und die London School of Economics mit Büchern versorgt.
  2. Aus dem Katalog Geschichte
  3. Eduard Fuchs, Illustrierte Sittengeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Albert Langer Verlag für Literatur und Kunst, München 1909–1928, 5 von 6 Bänden.

Fiche 0022 C.8.195 / 6. Januar 1941

Unmittelbar nach dem Verbot der Kommunistischen Partei im November 1940 ordnet die Bundesanwaltschaft in den Wohnungen von Theo Pinkus, Selma Bührer und im Laden des Büchersuch­dienstes eine Hausdurchsuchung an.

Auf diese Weise erfährt Pinkus vom Parteiverbot: „Eines Tages läutete es bei uns zuhause morgens um sechs. Draussen stand die Polizei und erklärte, sie müssten eine Hausdurchsuchung vornehmen und mir mitteilen, dass die Kommunistische Partei verboten sei. Ich habe das zur Kenntnis genommen, ihnen für die Mitteilung ‚gedankt‘ und sie dann in die Wohnung geführt. Wir schliefen damals fast unter Büchern, so voll davon war unsere Wohnung … Als die Polizisten diese Riesenmenge von Büchern sahen, erschraken sie sichtlich. Bei vielen anderen Genossen wurden die Bücher einfach beschlagnahmt… Aber bei uns waren es einfach zu viele… Ich musste dann mit der Polizei [in den Büchersuchdienst] gehen … Zwei Polizisten blieben unterdessen in der Wohnung und studierten mit grossem Vergnügen die Sittengeschichte von Eduard Fuchs. Im Geschäft wurde eine ganze Kiste mit Leninbänden beschlagnahmt …“
Rudolf M. Lüscher und Werner Schweizer, Amalie und Theo Pinkus-De Sassi Leben im Widerspruch. Limmat Verlag, Zürich 1994, S. 235. ZB SGA 10965

Die Leidenschaft des Büchersammelns erhält Auftrieb, als nach der Kristallnacht 1938 und nach Kriegs­ausbruch 1939 jüdische Familien die Schweiz aus Angst verlassen, dass ihre Heimat von den Nationalsozia­listen annektiert wird. Pinkus kann wertvolle Bücherbestände übernehmen. Nach den Bücher­verbrennungen und dem Anschluss Österreichs ist von der Nazi-Zensur geächtete Literatur im deutschsprachigen Raum nur noch in der Schweiz greifbar.

Während seiner Arbeitslosigkeit vermittelt der Büchersammler Pinkus Buchhändlern deren nicht verkäufliche Bestände an andere Buchhandlungen. Zusammen mit Selma Bührer gründet er 1940 den Büchersuchdienst an der Predigergasse 7. 1944 tut er sich mit dem Buch­antiquar Melchior Britschgi zusammen und führt mit ihm gemeinsam das Buchantiquariat Britschgi & Pinkus an der Rämistrasse.

Der „Büchersuchdienst“ entgeht dem wachsamen Auge des Bundesnachrichtendienstes nicht. Als die Kommunistische Partei der Schweiz im November 1940 verboten wird, durchsucht die Polizei die Räum­lichkeiten an der Predigergasse und die Privatwohnungen von Bührer und Theo Pinkus. Der Verdacht, dass der kleine Laden Tarnunternehmung für politische Aktivitäten sei, kann nicht erhärtet werden.

Der Büchersuchdienst beliefert nach Kriegsende national und international Bücherliebhaber mit Klassikern sowie Literatur zu Politik, Geschichte und Kunst. Kleinere Kantonsbibliotheken ergänzen ihre Bestände durch Bestellungen aus den Büchersuchdienst-Katalogen. Nach 1947 fährt Pinkus mehrmals nach Prag und Budapest und bringt von dort ganze Eisenbahnwagen voll mit Literatur nach Zürich, die die Nationalsozialisten beschlagnahmt und die Russen freigegeben haben. Auf einer Reise, für die Pinkus mit Empfehlungsschreiben von angesehener Stelle versehen ist, begleitet ihn auch der spätere Vizedirektor der Zentralbibliothek, Dr. Leonhard Caflisch. Es konnte nicht eruiert werden, welche Bücher Dr. Caflisch damals für die Zentral­bibliothek erstanden hat.

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  1. Empfehlung, datiert 23.2.1948, von Dionys Gurny, Sekretär des Stadtpräsidenten Emil Klöti, für Erleichterungen bei Amtsstellen anlässlich einer Auslandreise.
  2.  Theo Pinkus im Büchersuchdienst Predigergasse 7, ca. 1950
    Foto: © Horst E. Schulze, Berlin
  3.  Anerkennung durch den Kunden Giovanni Wüscher, Ascona
  4. Auch die alten Freunde und Weggenossen Noel und Herta Field, jetzt wohnhaft in Budapest, melden sich zum Jubiläum und verdanken gleichzeitig „eure riesen Spenden“.
    Karte vom 14. Dezember 1965, gez. Noel
    Sammlung Studienbibliothek
  5. Jubiläum 25 Jahre Büchersuchdienst
  6.  Glückwunsch- Telegramme
  7. vom Sozialarchiv mit Dokumenten-/Büchersuchdienst beauftragt:
    23.2.1948, gez. E. Steinemann
  8.  Limmatbuchhandlung an der Mühlegasse, 1955
    Foto: © Horst E. Schulze, Berlin. Sammlung Studienbibliothek
  9. Buchhandlung Werthmüller Basel, 16. November 1956:„Selbstverständlich respektiere ich Ihre politische Überzeugung. Notabene finde auch ich Kommunismus eine herrliche Sache – urchristlichen oder theoretischen ..: nicht die Praxis, die zwischen Unterdrückten und Unterdrückern, zwischen Tankbesitzern und Opfern der Tanks sich abspielt. Aber diese Praxis lehnen ja auch Sie ab…Es hätte mir leid getan, wenn unsere geschäftlichen Beziehungen durch die Politik in Mitleidenschaft gezogen worden wären, da ich die Einrichtung Ihrer Auslieferungsstelle ausgesprochen bequem finde.“
  10.  Amalie Pinkus an einem Empfang in der chinesischen Botschaft in Bern, 1954.
    Foto: © Alfred Rohrer, Bern. Sammlung Studienbibliothek
  11.  Theo und Amalie Pinkus in der Limmatbuchhandlung.
    Foto: © Horst E. Schulze, Berlin. Sammlung Studienbibliothek
  12. Denunziationsbrief Goldschmied, Fiche Nr. 00605
  13.  Trudi Hügi am Arbeitsplatz.
    Sammlung Studienbibliothek„Ohne Frau Hügi wären wir längst ‚verlumpet‛. Sie leitete das Geschäft und schaute, dass alles lief, dass bezahlt wurde. Theo hätte das nie fertiggebracht.“
  14.  Theo Pinkus bei der Eröffnung einer Ausstellung von DDR-Bücher im Theater am Neumarkt, Juni 1965.
    Sammlung Studienbibliothek
  15.  Einladung zum Jubiläum am 27. November 1965. Von links nach rechts: Theo, Amalie, Frau Hügi, Marco Pinkus
    Sammlung Studienbibliothek
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Umschlag des 100. Katalogs zum 25-Jahren-Jubiläum des Büchersuchdienstes mit dem eigens dafür geschaffenen
Holzschnitt von Frans Masereel.

1948–1972: Pinkus & Co. – Limmat-Buchhandlung

Dank der politischen Kontakte kann Theo Pinkus nach Kriegsende in Ungarn und der Tschechoslowakei von den Nationalsozialisten wie von den Russen konfiszierte Buchbestände übernehmen. Der Bücher­suchdienst ist als gefragtes politisches und literarisches Antiquariat wichtiges Standbein der 1948 von Theo und Amalie Pinkus zusam­men mit Trudi Hügi gegründeten Firma Pinkus & Co. Das Verkaufs­lokal taufen sie „Limmat-Buchhandlung“.

Mitarbeiter der Limmat-Buchhandlung 1967 Foto; Panoptikum
Die Limmat-Buchhandlung im Jahr 1962 mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Stehend von rechts nach links:
Madeleine Perll, Amalie Pinkus, Theo Pinkus., Christine Steiger, Atti Baumgartner, kniend: Brigitte Landolt,
sitzend: Marco Pinkus.
Foto: © Gretler’s Panoptikon, Zürich

Pinkus ist Vermittler und Türöffner für Literatur in die russisch besetzte Zone Deutschlands und für die Verlage der späteren DDR. Als erster Buchhändler aus dem „Westen“ stellt er an der Leipziger Buchmesse aus und vertreibt DDR-Literatur in der Schweiz. Amalie gibt ihre Stelle als Sekretärin beim Schlossermeisterverband auf und wird Mitarbeiterin in der eigenen Firma. Sie ist verantwortlich für den Buchhandel mit der Volksrepublik China. Tragende Kraft im Betrieb ist die unpolitische, geschäftstüchtige Buchhalterin Trudi Hügi.

Zum kleinen Ladenlokal an der Predigergasse wird 1954 ein Laden an der Mühlegasse zugemietet. Doch 1956 scheint die Existenz der Buch­handlung gefährdet, da als Reaktion auf die Ereignisse in Ungarn beide Ladenlokale gekündigt werden. Unerwartete Hilfe kommt von­seiten der Gewerkschaft VHTL, bei der Pinkus seit 1933 Mitglied ist und die eine Hypothek gewährt, mit der er die Liegenschaft Froschau­gasse 7 kauft. Noch bis in die 1960er Jahre dauert der Boykott durch Verlage, Buchhändler-Kollegen und sogar durch die sozialdemokra­tische Presse. Der „Büchersuchdienst“ und die China-Abteilung retten die Buchhandlung über diese Durststrecke. 1965 sind die politischen Fronten in der Schweiz aufgeweicht. Eine aus Kulturschaffenden, kritischen SP-Mitgliedern und Studenten gebildete Bewegung einer „Neuen Linken“ bahnt sich an. Am Neumarkt zeigt Pinkus im Juni in einer viel beachteten Ausstellung Bücher aus der DDR.

Anlässlich der 25-Jahr-Feier des Büchersuchdienstes kommt Aner­kennung als allen Teilen Europas. Die Buchhandlung ist beliebter Treffpunkt für viele geworden, die kritische Literatur zur Geschichte und Entwicklung der Arbeiterbewegung suchen.

Pinkus & Co. im Schnittpunkt politischer Kontroversen
Boykottbriefe anlässlich der Ungarn-Krise:
Max Niehans Verlag AG, Zürich, 23. Juli 1957
„… dass ich nicht gewillt bin nach Ostdeutschland und den andern Ländern hinter dem Eisernen Vorhang zu liefern, solange diese Länder
unter sowjetischer Herrschaft stehen und keine Gewähr besteht, dass die Bücher frei an diejenigen gelangen können, die sich dafür interessieren …“

Eugen Rentsch Verlag, Erlenbach-Zürich, 20. Januar 1958
„… Ich beliefere Sie nicht mehr. Die Gründe sind Ihnen bekannt…“

Volksrecht, 9. Dezember 1958
„… dass wir gemäss früheren Weisungen Inserate, die der ausländischen Propaganda der K.P. und ihrer Organisation dienen, in unserer Zeitung nicht veröffentlichen können.“

Eine amtliche Stellungnahme:
Verfügung der Justizdirektion des Kantons Zürich gegen Rekurs betr. Mieterstreckung Predigergasse 7, 18.2.1957
(Ar 07.1.11.8)s.
„… die Behauptung, dass die Mieterin nur zur Tarnung im Buchhandel tätig sei und in Wirklichkeit kommunistische Literatur und Propaganda
vertreibe, [ist] nicht zutreffend. Bei ihrem Geschäft handelt es sich vielmehr um ein Unternehmen, welches sich mit Aufsuchen von seltenen und vergriffenen Büchern aller Literaturzweige befasst und welches über eine internationale Kundschaft aus zahlreichen europäischen und überseeischen Ländern (zu ihren Kunden gehört u.a. auch die Bibliothek des westdeutschen Bundesgerichtshofes in Karlsruhe) verfügt.“ …
Der Betrieb wird „von zahlreichen Bücherfreunden aller politischen Richtungen als ein dringendes Bedürfnis angesehen und dessen Verschwinden (würde) nicht nur in linksgerichteten Kreisen bedauert …“ (Originaldokument in der Vitrine)

 

Partei-Eintritte und -Ausschlüsse

Theo Pinkus wird 1933, im Jahr seiner Rückkehr nach Zürich, Mitglied der kantonalen Leitung der Kommunistischen Partei der Schweiz. Aus den in den Zwanziger Jahren heftig tobenden Rich­tungskämpfen ist inzwischen die stalinistische Linie siegreich hervor gegangen. Fortan ist jede abweichende Meinung des Trotzkismus verdächtig.

Für die sowohl von bürgerlicher wie auch sozialdemokratischer Seite stark angefeindeten Schweizer Kommunisten bleibt die Sowjetunion das Land der grossen Hoffnungen. Sie betrachten sie als einziges sicheres Bollwerk gegen den Faschismus in Deutschland und Italien. Erfolge der Volksfront zwischen Sozialisten und Kommunisten in Frankreich und die Solidaritätswelle für die spanische Republik geben ihnen Auftrieb. Kritischen Berichten von ehemaligen Kommunisten wie Ignazio Silone oder Arthur Koestler schenken sie keinen Glauben

Den im westlichen Europa Aufsehen erregenden Reisebericht von André Gide über die Vergewaltigung der Menschen im stalinistischen Staat kontert der kommunistische Verlag Freie Schweiz 1937 mit einer Schmähschrift aus der Feder eines unbekannten Paul Thur. Dieser ist niemand anders als Theo Pinkus.

Seine demonstrierte Linientreue verhindert 1938 seine Entlassung aus der RUNA-Redaktion nicht. 1942 wird Pinkus sogar aus der inzwi­schen verbotenen KPS ausgeschlossen, ohne sich verteidigen zu können. Amalie Pinkus wird ohne Mitteilung und Anhörung ebenfalls ausgeschlossen. Beide treten in die Sozialdemokratische Partei ein. Diese wiederum schliesst Theo 1950 als unverbesserlichen Kommu­nisten aus.

Die nach dem Krieg gegründete neue kommunistische Partei der Arbeit PdA nimmt Theo mit offenen Armen auf, was er als späte Rehabilitierung erlebt. – Amalie Pinkus verzeiht den Genossen die erlittene Demütigung nicht. Sie bleibt in der SPS, betont aber später, sie sei im Herzen immer Kommunistin geblieben.

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Hans Staub, Maiumzug, Zürich 1934.
© Fotostiftung Hans Staub, Zürich
Aus: Guido Magnaguagno (Hrsg.), Dreissiger Jahre Schweiz. Ein Jahrzehnt im Widerspruch.
Ausstellungskatalog Kunsthaus, Zürich 1981, S. 28.

Zerstörte Hoffnungen

… bei André Gide (l936)
„Wer vermöchte zu sagen, was Sowjetrussland für uns gewesen ist? Mehr als die Heimat, die wir für uns wählten: Ein Beispiel war sie uns, ein leuchtendes Vorbild. Dort hatte es sich zugetragen, was wir erträumten, was wir kaum zu erhoffen wagten und doch mit unserem ganzen Wollen, mit unserer ganzen Kraft anstrebten. Es gab also ein Land, wo Utopisches die Chance fand, Wirklichkeit zu werden.“

„Die UdSSR ist nicht das, von dem wir erhofft hatten, dass es sei; das, was sie versprochen hatte zu werden; das, was sie immer noch zu scheinen sich bemüht. Alle unsere Hoffnungen hat sie verraten. Wenn wir den Zerfall unserer Hoffnung nicht hinnehmen wollen, müssen wir unser Hoffen anderswohin richten.“
André Gide, Retuschen zu meinem Russlandbuch. Gesammelte Werke, Bd. VI, DVA, Stuttgart 1996.

… bei Amalie und Theo Pinkus (1991)
Der Glaube von Amalie und Theo Pinkus an eine sozialistische, gerechte und menschliche Gesellschaft wankt ab 1956. Sie sind sich bewusst, „viele Illusionen und Hoffnungen, welche die Oktoberrevolution 1917 weckte, gehegt und mit anderen geteilt zu haben – auch dann noch, als aufrichtige Revolutionäre warnten, umgebracht wurden und ein Ein- und Überholen des Kapitalismus Selbstausbeutung und Unterdrückung brachte“. Ihre Enttäuschung gipfelt 1989 nach dem Zusammenbruch des „Realsozialismus“ in einer Erklärung anlässlich der Stiftungsratssitzung vom 3. März
1991: „Wir sind Zeugen eines Zusammenbruchs des ,realsozialistischen Weltsystems‛, … d.h. dem deformierten Versuch, durch administrative und Gewaltmassnahmen eine gerechte Wirtschaftsordnung unter Führung der Kommunisten durchzusetzen …“

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  1. Michael Rohrwasser. Der Stalinismus und die Renegaten: Die Literatur der Exkommunisten. Metztler, Stuttgart 1993.
    ZB SGA 24485
  2.  Widmungs-Exemplar
    Brigitte Studer, Un parti sous influence. Le parti communiste suisse. Une section du Komintern 1931 à 1939. L’Age d’Homme, Lausanne 1994.
    ZB SGA 11370
    Umfangreiche Studien von Brigitte Studer und Peter Huber bearbeiten den Einfluss von Moskau auf die Kommunistische Partei der Schweiz. Nach der Öffnung der Komintern-Archive hat Theo Pinkus den Autoren aktiv als Türöffner geholfen. Die von Peter Huber in Moskau auf Mikrofilm kopierten Komintern-Akten zur KPS sind in der Zentralbibliothek im Archiv der Studienbibliothek.
  3.  Gewerkschafts- und Parteiausweise belegen die lückenlose Mitgliedschaft in KPS, SPS und PdA
  4.  André Gide, Retour de l’U.R.S.S. Gallimard, Paris 1936.
    ZB SGA 38027
  5.  André Gide, Retouches à mon retour de l’U.R.S.S., Gallimard, Paris 1937.
    ZB SGA 38028
    André Gide, Retuschen zu meinem Russlandbuch. Jean-Christophe-Verlag, Zürich 1937.
    ZB SGA 38029 RAR
  6.  Paul Thur (Theo Pinkus). Aus der Hexenküche des Anti-Bolsche­wismus. Verlag Freie Schweiz, Basel; 1937.
    Sammlung Studienbibliothek
  7.  Persönliche Notizen von Theo Pinkus anlässlich eines Ehemaligen-Treffens des „Freibundes“, 24./25. März 1962 auf dem Herzberg.Auch wenn er nach aussen bis in die 60er Jahre dessen Politik verteidigte, liessen Theo Pinkus die persönlichen Schicksale der Opfer Stalins keine Ruhe. Die Notizen über Berichte der über 50 Teilneh­merinnen und Teilnehmer, unter ihnen auch der damalige Leiter des Sozialarchivs Eugen Steinemann und der in Berlin tätige Universitätsdozent und Publizist Fritz Allemann, berichten von Lebensläufen von Kommunisten und Sozialisten, vom Widerstand gegen Hitlers und Stalins Totalitarismus, von Gefangenschaft und Tod von Lebenspartnern und Wiedergutmachungen. Hier die Notizen zu Agnes Jünemann-Reitermeyer, die nach ihrer Freilassung jahrelang Moskau-Korrespondentin Moskau-Korrespondentin der PdA-Zeitung „Vorwärts“ war:„Agnes Jünemann-Reitermeyer in Moskau. War verhaftet. Sibirisches Lager. Mann umgekommen. Rehabi­litiert…Überzeugte Kommunistin Feuer+Flamme für SU (d.h. Sowjetunion). Rabiate Gegnerin von Stalin. Nicht abgesprungen.“
  8. Theo Pinkus ca. 30-jährig
    Sammlung Studienbibliothek

Die Kommunistische Partei der Schweiz KPS

Von über 6000 Mitgliedern bei ihrer Gründung 1921 schrumpft die KPS 1933 auf 1700 Mitglieder. Ihre anfänglich unabhängige Haltung gegenüber der Komintern hat sie unter dem Diktat Moskaus auf­gegeben. Populäre Parteimitglieder werden diszipliniert oder ausge­schlossen. Jules Humbert-Droz, der sich weigert, die Sozial­demokraten als „Sozialfaschisten“ zu denunzieren, wird aus der Parteileitung entfernt.

Die Hauptrekrutierungsbasis der Partei liegt in den Industrie-Agglomerationen von Zürich, Basel und Schaffhausen. Numerisch gesehen spielt die KPS innerhalb der Schweizer Politik eine unbe­deutende Rolle, kann aber in entscheidenden Momenten polarisierend wirken. 1935 verhilft sie dank gemeinsamen Listen der SPS zum Einsitz in die Stadtregierungen von Basel und Genf. Den grössten Gesichtsverlust erleidet sie 1939 wegen ihrer Befürwortung des Nichtangriffspaktes zwischen Hitler und Stalin.

Die politische Polizei beobachtet die kleine Partei mit Argusaugen. 1937 wird sie in den Kantonen Uri und Schwyz als „staatsgefährdend“ verboten, in den Kantonen Genf, Neuenburg und Waadt gibt es entsprechende Vorstösse. Im November 1940 wird sie gesamt­schweizerisch verboten.
Quelle: Brigitte Studer, Le parti communiste suisse. In: Cahiers d’histoire du movement ouvrier AEHMO, Lausanne; 9/1993. S. 5-38.

 

Amalie Pinkus-De Sassi (1910–1996)

Amalie De Sassi, geboren am 4. Juli 1910, entstammt einer einfachen Tessiner Familie, die in Zürich einen Gemüseladen führt. Nach dem frühen Tod des Vaters 1920 bringt die Mutter ihre Kinder allein durch. Amalie entwickelt früh ein Gespür für soziales Unrecht. Obwohl sie eine gute Schülerin ist, kann sie nach der obligatorischen Schulzeit nicht länger zur Schule gehen und beginnt eine Verkäuferinnenlehre bei Globus.

Sie engagiert sich in der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH). 1931 reist sie als Schweizer Delegierte nach Berlin an einen Kongress der „Internationalen Arbeiterhilfe“ und anschliessend in die Sowjetunion. Dort trifft sie jun­ge Leute aus der ganzen Welt, die alle eine neue menschliche Gesell­schaft aufbauen wollen. Tief beeindruckt kehrt Amalie in die Schweiz zurück und tritt in die Kommunistische Partei ein. Sie wird nach kurzer Zeit „Zellenobmann“ und Mitglied der Zürcher Parteileitung. Sie unterstützt deutsche und italienische politische Emigranten und fährt mehrmals in riskanter Mission nach Deutschland und Italien.

Aus dem Bericht von Amalie De Sassi: Meine Reise durch die Sowjet-Union (1931)

„Stalin haben wir nicht gesehen, in dieser Hinsicht wurden wir nicht so erzogen, dass wir so einen Kult um Lenin und Stalin gemacht hätten“

„Am gleichen Tag besichtigten wir den modernen Konfektions­betrieb namens Stalin mit schönem Clublokal, sauberen Kinder­krippen für die kleinen und Schulen für die grösseren Kinder. Die fröhlichen Gesichter der Frauen und Mädchen, wie auch die Unter­redungen mit einzelnen davon, überzeugten uns, dass sie mit beispiel­losem Eifer an der Erfüllung des 5-Jahresplanes in vier oder weniger Jahren arbeiten und nicht Zwangsarbeit verrichten, wie dies in bürger­lichen und sozialdemokratischen Zeitungen behauptet wird.“

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Amalie De Sassi in der Mitte der Reisegruppe der „Internationalen Arbeiterhilfe“ in Taschkent, Oktober 1931.
Foto: Sammlung Studienbibliothek
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Amalie De Sassi (rechts) als Trägerin des Solidaritäts-Trans­parents der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH)
am Streik der Heizmonteure in Zürich 1932.
Foto: © Gretler’s Panoptikon, Zürich
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Amalie Pinkus
Sammlung Studienbibliothek
Amalie und Theo Pinkus
Skipause, das Paar zusammen mit Emmy Bek, 1934.
Sammlung Studienbibliothek

1934 lernt sie Theo Pinkus kennen. 1939 heiraten sie und ihr Sohn Marco wird geboren. Amalie sorgt für das Einkommen und den Haus­halt und ist emotionaler Rückhalt der Familie, zu der 1941 und 1949 die beiden Söhne André und Felix hinzu kommen. 1943 trifft sie politisch und persönlich ein herber Schlag. Theo wird aus der Partei ausgeschlossen und Amalie ohne Anhörung gleich mit von der Mit­gliederliste gestrichen. Diesen Ausschluss verzeiht Amalie der Partei nie. Obwohl sie politisch grosse Vorbehalte hat, tritt sie der Sozial­demokratischen Partei bei und bleibt bis zu ihrem Tod Mitglied, bezeichnet sich aber zeit ihres Lebens als Kommunistin. Nach dem Krieg arbeitet Amalie in der Friedensbewegung und im Frauenstimm­rechtsverband. In den 1970er Jahren, nun schon Grossmutter, wird sie aktives Mitglied der Frauenbefreiungsbewegung (FBB).

Mit Theo zusammen baut sie die Buchhandlung, die Stiftung Stu­dienbibliothek zur Geschichte der Arbeiterbewegung und das Bildungs- und Ferienzentrum Salecina in Maloja auf. Dort bleibt sie bis zu ihrem Tod am 9. Februar 1996 als Präsidentin aktiv.

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Amalie, Marco, André und Theo Pinkus, links die Haushalthilfe Frau Friedli, in der Wohnung Besenrainstrasse 46, ca. 1945.
Sammlung Studienbibliothek

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  1. Passfoto, 1943.
    Foto: © Fredy Bühler, Sammlung Studienbibliothek
  2.  Amalie Pinkus De Sassi als Teilnehmerin an Demonstrationen,
    Bern 1975 und Zürich, 1. Mai 1990.
  3.  Zum 100-jährigen SPS-Jubiläum. Gespräch am 16. November 1988 mit Theo und Amalie Pinkus zum Thema: „Die Arbeiterbewegung kritisch unter die Lupe genommen“. Flugblatt der SP, Wallisellen 1988.
  4.  Aus dem Bericht von Amalie De Sassi: Meine Reise durch die Sowjet-Union (1931)
    „… Stalin haben wir nicht gesehen, in dieser Hinsicht wurden wir nicht so erzogen, dass wir so einen Kult um Lenin und Stalin gemacht hätten…“
    „… Am gleichen Tag besichtigten wir den modernen Konfektions­betrieb namens Stalin mit schönem Clublokal, sauberen Kinder­krippen für die kleinen und Schulen für die grösseren Kinder. Die fröhlichen Gesichter der Frauen und Mädchen, wie auch die Unter­redungen mit einzelnen davon, überzeugten uns, dass sie mit beispiel­losem Eifer an der Erfüllung des 5-Jahresplanes in vier oder weniger Jahren arbeiten und nicht Zwangsarbeit verrichten, wie dies in bürger­lichen und sozialdemokratischen Zeitungen behauptet wird. …“
  5.  Amalie De Sassi in der Mitte der Reisegruppe der „Internationalen Arbeiterhilfe“ in Taschkent, Oktober 1931.
    Foto: Sammlung Studienbibliothek
  6.  Amalie und Theo Pinkus mit Sohn Marco, ca 1942
    Foto: Privatbesitz
  7. Die junge Amalie de Sassi in Zürich
  8.  BriefLiebster,Du glaubst nicht, wie ich mich auf nächsten Sonntag freue.Ich musste direkt nachrechnen, ob Du wirklich erst 10 Tage weg bist, mir scheint es eine Ewigkeit zu sein. Deinen letzten Brief, wo Du über Deine Arbeit in der Fassmannschaft schreibst, habe ich gestern erhalten. Ich und Mama, als ich es ihr erzählte, freuten uns, dass Du Dich für das Frauenstimmrecht einsetzest; in dem Zusammenhang war es ja direkt gegeben, und wenn es ein Mann sagt, besonders einer, der nicht zum ersten Mal Geschirr in die Hände nimmt, macht es auf die Frauen mehr Eindruck. Deine Berichte sind sehr interessant, und als ich sah, dass sie sich so dafür interessiert, habe ich Grossmama versprochen, ihr Deine Briefe zur Lektüre zu geben, damit sie über Deine gegenwärtige Lebensweise im Bild ist. Sie ist immer sehr viel allein und ist glücklich, irgendetwas Privates zu hören und zu lesen. Ich glaube nicht, dass Du etwas dagegen hast.Brief von Amalie vom 26. November 1944 an Theo, der zu dieser Zeit im Militärdienst war.
  9. Zum 71. Geburtstag von Amalie Pinkus
    in: Fraue-Zitig, Zeitung der autonomen Frauenbefreiungsbewegung (FBB) Zürich, Juli – September 1981.
  10. Flugblatt der Veranstalterinnen: Frauen für den Frieden (DGB-Frauen). Beteiligung von Amalie Pinkus an einer Diskussionsrunde zum Thema „Widerstand von Frauen, gestern und heute“ am 17. Oktober 1983 in Giessen.
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Fotoporträt im Magazin des „Tages-Anzeiger“, 1991.
Sammlung Studienbibliothek

Amalie Pinkus am Frauenstreiktag 14. Juni 1991
Foto © Li Sanli

 

Naturfreunde und Volkstourismus

Seit frühester Jugend unternimmt Theo Pinkus Ausflüge ins Hoch­gebirge. In einem Tourenbuch beschreibt er bis 1927 sämtliche Touren und Besteigungen, die ihn vor allem ins Glarnerland und nach Graubünden führten. Da Amalie seine Begeisterung für die Berge teilt, geht die erste gemeinsame Reise mit dem Fahrrad ins Engadin. In seinem Engagement bei den Zürcher Naturfreunden kann er seine Begeisterung für die Berge und politische Arbeit ideal kombinieren. Zusammen mit Mathis Margadant organisiert er an Weihnachts- und Ostertagen – für viele Arbeiterinnen und Arbeiter damals die einzigen Ferientage – Skilager. Pinkus und Margadant wollen der städtischen Arbeiterschaft günstige touristische Angebote zur Verfügung stellen, damit auch sie bekannte Bergkurorte und Gegenden besuchen können.

Die Skilager finden grossen Anklang – an Ostern 1935 reisen bereits über 100 Naturfreunde auf die Kleine Scheidegg. Untergebracht werden die Teilnehmer anfänglich in leer stehenden Pensionen, später auch in grossen Hotels, deren Gäste in den Kriegsjahren ausfallen. Politische Emigranten werden eingeladen, um als Gäste Vorträge zu halten. Der Gewinn der Lager fliesst der Roten Hilfe zu, die kommunistische Hilfsorganisation, die in den 1930er und 1940er Jahren mithilft, nicht in Lagern internierte Kommunisten und ihre Angehörigen zu unterstützen.

1945 wird Theo Pinkus in die Landesleitung der Naturfreunde ge­wählt. Die Ferienlager können nach dem Krieg auch auf das benach­barte Ausland ausgeweitet werden. Theo organisiert erste Ferienlager an der französischen Atlantikküste, die ebenfalls zu grossen Erfolgen werden.

Im Klima des Kalten Krieges entlässt die Landesleitung der Natur­freunde die mit den Kommunisten sympathisierenden Zürcher Naturfreunde systematisch ihrer Funktionen. 1950 wird Theo Pinkus aus der Landesleitung der Naturfreunde ausgeschlossen.

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1941 auf einer Bergwanderung mit den Naturfreunden. Theo Pinkus zweiter von rechts.
Sitzend und mit Zigarre der Arbeiter-Alpinist Mathis Margadant.
Sammlung Studienbibliothek

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  1. Im April 1939 fahren acht Reisebusse mit 230 Naturfreunden nach Chamonix. Der Höhepunkt der Osterlager wird Kriegsjahr 1943 er­reicht, als 460 Mitglieder aus Zürich in einem Extrazug nach Zermatt reisen.
  2. Als Erinnerung an die grossen Ferienlager gibt die Lagerleitung der Naturfreunde Theo Pinkus jeweils ein gebundenes Fotoalbum als Geschenk.
  3. Ostern 1941 hielten über 400 Naturfreunde Einzug in Zermatt. Erstmals war es gelungen, an einem exklusiven Ort einen Hotelier für die Einrichtung von Massenunterkünften zu gewinnen.
  4.  Als friedfertige „Rache“ für den Ausschluss aus der Landesleitung der Naturfreunde gibt Pinkus im Verlag Neues Leben, Berlin-DDR, das Buch „Sonne, Fels und Schnee – Freizeit in den Schweizer Bergen“ heraus, in dem Emmy Nöthiger-Beck die Bergerinnerungen von Mathis Margadant und anderer Arbeiter-Alpinisten erzählt und illustriert es mit ausserordentlichen Kletter- und Bergfotos.
  5.  Naturfreunde-Ausweise von Theo und Amalie Pinkus mit Gutscheinen für Mahlzeiten in Naturfreunde-Lagern.
  6.  In der Naturfreunde-Illustrierten berichtet Theo Pinkus vom ersten Ferienlager in Les Sables-d’Olonne, 1947.
  7.  Volkstourismus-Propaganda: Bankrott… oder Volkstourismus? Die Krise der schweizerischen Luxushotellerie war für die Verfechter des Volkstourismus ein zentrales Argument gegen den Elitetourismus
  8.  1948 veröffentlicht Theo Pinkus die 48-seitige Broschüre „Ferien für alle – Volkstourismus ja oder nein?“, die für einen massiven Ausbau des Arbeitertourismus plädiert, aber auch als Gegenargument zu den Vorbehalten der Schweizer Landesleitung der Naturfreunde gegenüber den Plänen der Zürcher Genossen zu verstehen ist.
    „Wir haben immer wieder betont, dass all die Schönheiten der Natur­freundetätigkeit des individuellen Wanderns, des Hüttenlebens, in keiner Weise zurücktreten sollen, im Gegenteil, wir wollen sie mit dem Volkstourismus Tausenden neu erschliessen.“Aussage der Lagerleitung Zürich
  9. Theo Pinkus
    Sammlung Studienbibliothek

 

1948–1987: Wochenzeitschrift „Zeitdienst“

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Theo Pinkus 1975 an einer Kundgebung auf dem Helvetiaplatz in Zürich beim Verkauf des „Zeitdienst“.
Foto: © Gretler’s Panoptikum, Zürich

Am 2. Oktober 1948 erscheint die Null-Nummer des Zeitdienst. Herausgeber ist Theo Pinkus, Mitherausgeber und Redaktor Hugo Kramer, ein sozialdemokratischer Journalist, der wegen seiner pazi­fistischen Gesinnung angesichts des aufkommenden Kalten Krieges von der eigenen Partei kalt gestellt worden ist. Als Wochenzeitschrift kämpft der Zeitdienst gegen die Diffamierung der Ostblockländer und unterstützt die Friedensbewegung.

Während 39 Jahren tauchen regelmässig die Kürzel -thp- und a-thp- für Theo und Amalie Pinkus in dieser Zeitschrift auf. In den 1970er Jahren erfüllt der Zeitdienst die Aufgabe eines Diskussions­forums für die damalige Neue Linke. Der Einmannbetrieb, der mit Hilfe von freiwilligen Mitarbeitern aufrecht erhalten wird, kann schliesslich der auflagenstärkeren, auf soliden Grundlagen stehenden Konkurrenz – allen voran der erfolgreichen WoZ – nicht mehr die Stirn bieten. 1987 wird der Zeitdienst eingestellt. Vielen ist Theo Pinkus unvergesslich als unermüdlicher Verkäufer des Zeitdienst.

Vom Limmat Verlag zur Limmat Verlag Genossenschaft

Seinen Jugendtraum eines sozialistischen Verlags kann sich Theo Pinkus mangels des dafür notwendigen Kapitals nur durch einzelne sporadisch erscheinende Publikationen erfüllen. Wichtigste Aktivität des kleinen Verlags wird in der Folge die Vermittlung von Publi­kationsrechten an DDR-Verlage, zum Beispiel für die nach dem Krieg neu entdeckten sozialistischen Abenteuer-Romane des geheimnis­vollen B. Traven. Pinkus erwirbt viele wichtige Lizenzen, unter anderem die Publikationsrechte für Georg Lukacs, Ernst Bloch, Franz Mehring. Diese bilden während Jahren eine wichtige Einnahmequelle für die Buchhandlung und später für die Stiftung Studienbibliothek. 1974 übergibt Theo Pinkus die Rechte am Namen Limmat Verlag einer Gruppe von Geschichtsstudenten der Universität Zürich, denen zwei Verlage aus politischen Gründen die Publikation eines Dokumentenbandes zur Geschichte der Arbeiterbewegung kurzfristig abgesagt haben.

   
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  1. Zeitdienst
  2. Teilnehmer und Spendenkarte
  3. Gutschein Zeitdienst
  4. B. Traven, Der dritte Gast und andere Erzählungen, Limmat Verlag; 1958.
  5. Frans Masereel und das Buch. Auswahl und Einleitung von Theodor Pinkus. Hrsg. von der Pirckheimer-Gesellschaft, Leipzig 1961, Nr. 3 von 75 nummerierten und für den Limmat Verlag reservierten Exem­plaren, Exemplar Nr. III, mit Widmung von Frans Masereel, 1962.
  6. Zeitdienst
  7.  Frans Masereel, Holzschnitt zu Jean-Christoph (859.) gedruckt ab dem original Holzstock
  8.  Theo Pinkus (Hrsg.), Gespräche mit Georg Lukacs. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1967.
    ZB SGA 27739
  9.  Conversazioni con Lukacs. De Donate Editore, Bari 1968.
    ZB SGA 27743
  10.  Entretiens avec Georg Lukacs. François Maspéro, Paris 1969.
    ZB SGA 27741
  11. Theo Pinkus interviewt Georg Lukács 1965 in Budapest.
    Foto: © Zsuzsa Sándor
  12.  Conversations with Lukács. The Merlin Press, London 1974.
    ZB SGA 27740
  13.  Arbeitsgruppe für Geschichte der Arbeiterbewegung Zürich (Hrsg.). Schweizerische Abeiterbewegung. Dokumente zu Lage, Organisation und Kämpfen der Arbeiter von der Frühindustrialisierung bis zur Gegenwart. Limmat Verlag Genossen­schaft, Zürich 1974. 2. Auflage, Zürich 1975.
    ZB SGA 10904
  14.  Ergänzungsband 1968–1979. Limmat Verlag Genossenschaft, Zürich 1980.
    ZB SGA 10905

Die Arbeitsgruppe für Geschichte der Arbeiterbewegung Zürich hat durch Vermittlung von Theo Pinkus zusammen mit dem französischen Historiker Georges Haupt im Rahmen eines Seminars an der Uni­versität erste Quellen zur Geschichte der Schweizer Arbeiterbewegung aufbereitet. Diese Arbeit fand 1972 einen ersten Niederschlag in einer grossen Ausstellung im Zürcher Stadthaus.

Pinkus übergibt seinen Verlag an eine neu gegründete Limmat Verlag Genossenschaft. Deren erstes Buch wird ein grosser Erfolg und erlebt weitere Auflagen. Die Herausgebergruppe verzichtet auf ein Honorar und legt mit den Einnahmen den Grundstock für den heute noch aktiven Verlag.

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage
„Nachtrag: Dieses Buch erscheint mit einem halben Jahr Verspätung. In der Zwischenzeit haben zwei Verlage – der Verlag Huber, Frauen­feld, und der Suhrkamp Verlag – die Herausgabe nach anfänglicher Zusage abgesagt. In beiden Fällen erfolgt die Ablehnung aufgrund von Außenstehenden, in beiden Fällen führt sie zur Demission der Verlagsleiter. Im ‚Fall Huber‘, wo ein rechtsgültiger Vertrag besteht, untersagt der Verwaltungsrat die Herausgabe nach der Intervention eines Professors der Universität, der das Manuskript nie gesehen hat …“

Kritischer Abschiedsbrief des Arbeiters P.H. zur Einstellung des Zeitdienst, Bern, 7. Dezember 1987

Sehr geehrte Herren u. ev. auch Damen!
Da also nach 40 Jahren der Zeitdienst am Ende ist und es mir als fast ebenso langer Abonnent weh tut, muss ich Ihnen ein paar Zeilen schreiben. Eigentlich ist ja nicht der Zeitdienst am Ende, sondern die Masse der satten Schweizer. Ich als Pensionierter (1919) habe den Niedergang (des Sozialismus) miterlebt…Dank den Eltern… Sie schenkten mir gute Bücher und verwiesen mich auf die guten Schriftsteller. Da war zuerst Albert Schweitzer, dann die heissen Traven, U. Sinclair, Gorky, Ostrowsky, Rolland (der freie Geist!!!) Brupbacher Tucholsky… Schopenhauer, Nietzsche (der Antichrist sollte jeder gelesen haben!) Feuerbach, Kant usw. …
… Die grossen Köpfe Marx, Engels, Lenin u. viele andere waren Idea­listen, doch schlechte Menschenkenner und deshalb sind ihre Ziele nie zu verwirklichen. Leider!
… Etwas zum Inhalt des Zeitdienstes. Es hatte viele gute Artikel doch auch solche, die einem gew. Arbeiter nichts brachten. Es wurde viel für ‚Seinesgleichen‘ geschrieben …
Zum Schluss möchte ich doch den Idealisten des Zeitdienstes herzlich danken. Vielleicht verliert Ihr den Glauben an das Gute nicht wie ich!“

Limmat Verlag


Der Fall Noel Field

Ein Beitrag von Theo Pinkus zur Aufarbeitung des Stalinismus

1949 wird Noel Field, amerikanischer Staatsbürger und Kommunist, in Prag auf offener Strasse verhaftet und nach Ungarn ausgeliefert. Seine Frau Herta sowie seinen Bruder Hermann ereilt auf der Suche nach dem Verschwundenen das gleiche Schicksal. Alle drei werden jahrelang in Einzelhaft gehalten. Unter Folterungen soll ihnen das Geständnis abgepresst werden, amerikanische Geheimdienstagenten zu sein. Noel Field hatte 1941 bis 1946 im Auftrag der amerikani­schen Quäkerorganisation Unitarian Service Committee in Frank­reich und in der Schweiz Flüchtlingshilfe geleistet. Nach Kriegsende verhalf er kommunistischen Emigrantinnen aus Deutschland, Öster­reich, Polen und Ungarn zur Rückkehr in ihre Heimatländer. Aufgrund der Field abgepressten Aussagen werden nach 1949 unzählige von ihnen als „amerikanische Agenten“ verhaftet und zu langjährigen Gefängnisstrafen oder gar zum Tod verurteilt. Auch die mit einem ungarischen Emigranten verheiratete Zürcher Buchhändlerin Toni Drittenbass stirbt in einem ungarischen Gefängnis.

Im Zug des Tauwetters nach Stalins Tod kommen die Fields 1954 frei und werden rehabilitiert. Noel und seine Frau Herta bleiben Kommunisten und wohnen in Budapest. Ihr Freund Theo Pinkus erlaubt sich wie viele andere treue Kommunisten erst nach Stalins Tod eine kritische Auseinandersetzung mit Schauprozessen und Straf­lagern. Er trifft Noel Field in Budapest kurz nach dessen Freilassung. Im Sommer 1956 diskutiert er in Ungarn mit vielen Bekannten aus dem Zürcher Exil nächtelang über die überstandene Haftzeit und die konstruierten Anklagen. Durch diese Begegnungen beginnt für Pinkus eine persönliche Aufarbeitung der Ereignisse, die er erst in den letzten Lebensjahren engen Freunden anvertraut.

Pinkus animiert den Filmemacher Werner Schweizer, die Affäre Field dokumentarisch aufzuarbeiten, vermittelt ihm den Kontakt mit Betroffenen und hilft ab 1970 bis kurz vor seinem Tod aktiv bei der Aufklärung in ostdeutschen, russischen und ungarischen Archiven.

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Thomas Grimm, Theo Pinkus und Karoly (Korci) Perzcel im April 1991, vor der ehemaligen Zelle von Noel Field, im
Keller der Verhörvilla der AVH (Ungarische Staatssicherheitspolizei) auf dem Freiheitsberg von Budapest.
Foto © Werner Schweizer
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Herta und Noel Field nach ihrer Freilassung 1954.
Sammlung Studienbibliothek

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  1. Ausweis
  2. Ausweis von Noel Field für den diplomatischen Dienst, ausgestellt vom War-Department in Washington, Mai 1946.
  3. Aus einer Erklärung von Noel Field, publiziert im Zeitdienst Nr. 40, 13. Oktober 1956.
  4. Bernd-Rainer Barthund, Werner Schweizer (Hrsg.), Der Fall Noel Field. Schlüsselfigur der Schauprozesse in Osteuropa. 2 Bände. BasisDruck, Berlin 2005 und 2007.
  5. Noel Field – der erfundene Spion. Dokumentarfilm. Buch und Regie: Werner Schweizer. Kamera: Helene Vagnières. Xenix Film, Zürich 2005, 105 Min.
    ZB DVD Vid 946
    Theo Pinkus vermittelt dem Dokumentarfilmer Werner Schweizer 1988 noch zu DDR-Zeiten den Zugang zum Institut Marxismus-Leninismus (IML) in Ostberlin und zu den Akten der ZPKK (Zentrale Parteikontroll-Kommission) über die Opfer der Field-Affäre. In Buda­pest erreicht er für das Kamerateam die Einsichtnahme in die Akten der ungarischen Partei. Im Januar 1990 reist Theo Pinkus mit dem Sekretär der Partei der Arbeit nach Moskau, um die KPS-Akten aus den Archiven der Komintern zu sichten und zu kopieren. Im März 1991 sind Theo und Amalie Pinkus bei den ersten Dreharbeiten in Budapest dabei und entdecken mit Korci Perszel, dem Freund aus der Zürcher Emigrantenzeit, die Zelle auf dem Freiheitsberg, in der Noel Field gefoltert wurde. Theo ist dabei, als Erzsi und Korci Perszel, Rosa Demeter und György Aczel über ihre unschuldig im Gefängnis verbrachten Jahre berichten. Die Fertigstellung des Films „Noel Field – der erfundene Spion“ erlebt Theo Pinkus nicht mehr. Er stirbt am  5. Mai 1991. Am gleichen Tag machen die Filmemacher in Ostberlin Aufnahmen mit Erica Wallach Glaser, der Pflegetochter der Fields, die von den Sowjets wegen angeblicher Spionage zum Tod verurteilt und zu lebenslanger Haftstrafe in Vorkuta „begnadigt“ wird und erst 1956 frei kommt.
  6. Noel Field und seine Pflegetochter Erica Wallach in Genf, ca. 1946.
    Sammlung Studienbibliothek
  7. Amalie und Theo Pinkus zu Besuch bei der Familie Kurella in Berlin im März 1973. Alfred Kurella ist Kulturminister der DDR und Bruder des 1940 in der Sowjetunion hingerichteten Heinrich Kurella. Neben Amalie: Stefan und Regina Kurella, Sonja Kurella.
    Sammlung Studienbibliothek
    Seit dem Verschwinden seines Freundes Heinrich Kurella 1937 in Moskau ahnt Theo Pinkus von den Verbrechen der Stalin-Ära. Trotzdem haben Theo und Amalie wie viele andere treue kommu­nistische Parteigenossen die Verbrechen unter Stalin zu rechtfertigen versucht oder verdrängt. Nur im engsten Freundes- und Genossenkreis werden Zweifel diskutiert. Die Enthüllungen über Schauprozesse und Straflager, u.a. auch Solschenizyns Bericht über den Archipel Gulag, lassen diese Zweifel zur Gewissheit werden. „Ich hatte das Glück, nicht von den Nazis umgebracht zu werden, aber auch das Glück, nicht von den eigenen Leuten“, sagt Theo Pinkus jetzt zu seinem Ausschluss aus der Kommunistischen Partei der Schweiz 1943. „Wir sind ja nur aus der Partei ausgeschlossen worden, an einem andern Ort wären wir umgebracht worden.“
  8. Theo und Amalie, Suso und Karoly Perczel vor der AVH-Villa mit dem berüchtigten Turmzimmer, in dem die Angeklagten des Rajk-Prozesses verhört wurden.
    Sammlung Studienbibliothek
  9. Theo Pinkus, Györgi Aczel und Karoly Perczel, zwei Opfer der Field-Affäre. Beide sassen mehr als fünf Jahre wegen Verbindung zu Noel Field im Gefängnis.
    Foto © Werner Schweizer
  10. Dokument Nr. 103 (wahrscheinlich anlässlich der Verhöre im August 1949): Notizen von Herta Field zu den persönlichen Verhältnissen von Noel Field und zu gemeinsamen Bekannten.
  11. Aus einer Erklärung von Noel Field, publiziert im Zeitdienst Nr. 40, 13. Oktober 1956.
  12. Brief von Herta Field


Salecina – Grenzüberschreitung als Programm

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Geschichtsseminar „Archiv – aktiv und alternativ“, Pfingsten 1986. Foto © Cordelia Dilg, Sammlung Studienbibliothek

Die Idee zu Salecina entspricht Theo Pinkus’ früherer Tätigkeit bei den Naturfreunden. Er träumte immer von einem „Volkshotel“ oder einem gemeinschaftlichen Ferienhaus irgendwo in den Bergen, wo die Gäste günstig Ferien machen können.

Ein anonym bleiben wollender Spender – vermutet wird der italienische Verleger Giangiacomo Feltrinelli – sagt 1970 einen grösseren Geldbetrag zu, sofern ein geeignetes Haus gefunden würde. Theos und Amalies Freund Gaudenzio Giovanoli, Lehrer und Sozialist in Maloja, vermittelt den Kontakt zur Bergeller Patrizierfamilie Baldini, den Besitzern des Bauernhauses in Orden dent. In einer ersten Verein­barung für den Kauf des Hauses und seine Nutzung als Ferien- und Bildungszentrum macht Baldini zur Bedingung, dass die „drei K“ – Kiosk, Kino und Kirche – dort verboten würden. Im Juli 1971 wird in Anlehnung an den Piz Salacina die Stiftung Salecina gegründet. Der Kauf wird in den letzten Tagen des Jahres 1971 abgeschlossen, und im Sommer 1972 beginnt der Umbau zu einem Ferien- und Bildungshaus.

Ferien und Bildung sollen sich nach Theos Auffassung ergänzen. Die einzigartige Lage am Übergang zwischen deutscher, italienischer und rätoromanischer Kultur nahe der italienisch-schweizerischen Grenze machen „Salecina“ zu einem internationalen Zentrum, das Grenzen überwindet.

Erste Seminare entstehen spontan aus dem Kreis der Gäste. Als bekannt wird, dass Herbert Marcuse in Pontresina in den Ferien weilt, lädt man ihn zu einer Diskussion nach „Salecina“ ein. Das wird die Grundlage für das Marcuse-Frisch-Seminar im Sommer 1976, das nicht nur in der Presse grosse Beachtung findet, sondern auch vom Schweizer Staatsschutz registriert wird.

Seither finden in Salecina regelmässig Seminare statt, die sich mit historischen, politischen und ökologischen Fragen auseinandersetzen, aber auch Seminare zur Kultur, Literatur und Architektur der Gegend.

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Herbert Marcuse, Max Frisch und Theo Pinkus am „Marcuse-Frisch“-Seminar 1976.
Foto © Jürg Frischknecht, Sammlung Studienbibliothek

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  1.  Abschrift der ersten Vereinbarung mit Baldini.
  2. Fiche Stiftung Salecina
  3. „Rote Fahne im Malojawind.“ Artikel von Rudolf Friedrich, dem späteren Bundesrat, NZZ, 24. Januar 1974.
  4. Salecina-Protokoll. Aus Salecina-Info Nr. 1.
  5. Ein im August 1971 eingelöster Check, vermutlich von Giangiacomo Feltri­nelli
  6. Erste Notizen zum Kauf von „Salecina“ im Jahr 1971
  7. „Stopp der Blechlawine“, auch das Auto soll nur noch kollektiv verwendet werden! Im Zu­sammenhang mit „Salecina“ gründet Theo den „Roten-Auto-Dienst RAD“, der gemeinsame, günstige Fahrten nach „Salecina“ oder an andere Tagungen ermöglicht.
  8. v.l. Amalie Pinkus mit Theo Pinkus
  9. Salecina 1972
  10. Umbau von Salecina 1972
    Über 120 Freiwillige aus Berlin, Frankfurt und Zürich helfen beim Umbau. Am Aufrichtfest wird eine rote Fahne am Kamin aufgezogen, was den freisinnigen Nationalrat Rudolf Friedrich erzürnt und zu seiner Kolumne inspirierte.

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  1. Theo und Axel Diederich vom ID Frankfurt beim Abwaschen während des 1. Archivseminars an Pfingsten 1986.
  2. Interview mit Theo
  3. 2. Archiv-Seminar in Salecina 22.5.88
  4. Bei den Beiträgen handelt es sich um überarbeitete Fassungen von Vorträgen der Seminarwoche „98 statt 91“ vom Januar 1991 der Stiftung „Salecina“. Weitere Autorinnen und Autoren sind Heinz Looser, Isabelle Meier, Josef Lang, Manfred Züfle, Claudia Wirthlin, Brigitte Ruckstuhl und Dominik Siegrist.Silvia Ferrari, Dölf Wild u.a. Auf wen schoss Wilhelm Tell? Beiträge zu einer Ideologiegeschichte der Schweiz. Rotpunktverlag, Zürich 1991.
  5. Salecina
  6. Ausschnitt Tonbandabschrift Max Frisch/Theo Pinkus:„Am erfolgreichsten und mit grossem Presse-Echo war unser Seminar mit Herbert Marcuse und Max Frisch kurz bevor Frisch den Friedens­preis in FaM erhalten hatte. Übrigens war Frisch von Salecina so beeindruckt, dass er uns den ganzen Betrag des Preises schenkte und uns dadurch aus einer schrecklichen Finanzklemme rausriss. (Was [er] aber gar nicht wusste.) Wir konnten nämlich mit den 10’000 Fr. eine Schuld von 14[000] Fr., die noch aus der Bauzeit stammte und von Salvilo, der uns damals Maschinen und Baumaterial geliefert hatte, die nach fast 5 Jahren in Rechnung gestellt worden waren. Dieser wollte übrigens erst 17’000 Fr. Roman hat ihn auf 14’000 runter­gehandelt – ganz zu recht. Aber dann war [er] mit den bar 10’000 doch noch zufrieden statt sich auf langwierige Abzahlereien [ein] zulassen. Die Frisch-Spende kam nicht in die Presse und sollte auch nicht – da der Gute von zu viel[en] Seiten wegen Geld gelöchert wird.“
  7. Von hier aus nahm die  „Grabe-wo-du-stehst“- Bewegung für eine „Geschichte von unten“ ihren Ausgang und vertiefte über mehr als 25 Jahre in den Geschichtsseminaren in Salecina verschiedenste Forschungsthemen. Der Begriff  „Dig where you stand“ wurde vom schwedischen Historiker Sven Lindquist geprägt.
  8. „Der langjährige Dialog, den wir mit Herbert Marcuse führen, findet jeweils seinen Höhepunkt in Diskussionen im Ferien- und Bildungs­zentrum ‚Salecina’ in Maloja anlässlich des Engadiner Ferien­aufenthaltes.“
    Gespräche mit Herbert Marcuse. Hrsg. von Jürgen Habermaas, Silvia Bovenschen u.a., Suhrkamp Verlag, Franfurt 1978.
    ZB SGA 27163
  9. Programm 2009

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  1. „Falsterhus“ ist ein alternatives, 1983 gegründetes Ferien- und Seminarhaus auf der dänischen Ostsee-Insel Falster. Die Institution hat eine ehemalige Dorfschule übernommen, funktioniert selbst verwaltet und wird von einer deutsch-dänischen Stiftung getragen. Im Ableger von Salecina finden immer wieder wichtige Seminare statt wie das Bloch-Seminar von 1985.
  2. Salecina „Ein Bildungs- und Ferienhaus für uns…“
  3. Die Bauchtasche von Theo Pinkus, geräumig genug für Zwischenverpflegung, Portemonnaie, Taschenbücher und Zeitschriften
  4. Fotoalbum von Gisela Wenzel zu Amalie`s 80. Geburtstag, der in Salecina gefeiert wurde.
  5.  In den 1980er Jahren wird der ehemalige Stall zum Schlafhaus um­gebaut, mit kleineren Zimmern und etwas grösserem Komfort. Salecina ist seinem Anspruch auf Gäste-Selbstverwaltung treu ge­blieben. Noch heute wird der Arbeitsplan allabendlich verteilt, aber die Geschäftsführung, der Einkauf und die Betreuung der Gäste wird kollektiv von einem Hausteam erledigt, das die früher oft legen­dären „Hüttenwarte“ ersetzt.
    Foto © Günter Zint
  6.  Kunstinstallation „Culur“ des Konstruktivisten Gottfried Honegger zum 25. Geburtstag von Salecina
  7. Salecina
    Foto © Günter Zint